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Einschränkung der Beschuldigtenrechte zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung

Wieder einmal steht in Deutschland eine Reform der Strafprozessordnung (StPO) an. Erst 2017 wurde die Online-Durchsuchung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung trotz starker Kritik gesetzlich verankert. Weitere Punkte waren die Blutentnahme ohne richterlichen Beschluss, die vereinfachte Erscheinenspflicht von Zeugen bei der Polizei sowie die audiovisuelle Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen im Ermittlungsverfahren. Für viele Strafverteidiger schien bereits dies geradezu unzumutbar, die nun anstehenden Veränderungen gehen in die gleiche Richtung und werden von Strafverteidigern sehr kritisch gesehen.

Der Gesetzgeber rechtfertigt seine Reforminitiativen mit den seit Jahren bestehenden Forderungen der Gerichte und Staatsanwälte in Bezug auf kürzere und effektivere Strafverfahren. Darüber hinaus will er jedoch auch Ermittlungsbehörden mehr Befugnisse über Überwachungen von Telekommunikationssystemen und DNA-Analysen erteilen.

Dies kann jedoch zu massiven Einschränkungen wichtiger Bürgerrechte führen, wie Kritiker befürchten.

Auch die Neuregelungen zu Befangenheitsanträgen, Beweisanträgen und Besetzungsrügen dienen vornehmlich der Justiz und führen zu einer weiteren Beeinträchtigung der Beschuldigtenrechte.

Der Justiz ist vor allem die Prozessverschleppung ein Dorn im Auge.

Daher sollen Beweisanträge, die missbräuchlich gestellt werden, in Zukunft ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung auf der Grundlage einer allgemeinen Missbrauchsklausel abgelehnt werden können. Allerdings ist es schon heute so, dass Gerichte Beweisanträge ablehnen können, wenn der Antrag zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt wird. Die konkrete Ausgestaltung dieser Regelung soll es darüber hinaus ermöglichen eine Verschleppungsabsicht einfacher festzustellen und den gestellten Beweisantrag abzulehnen. Häufig ist ein Beweisantrag das einzige Mittel der Strafverteidigung, um auf die Ermittlung des Sachverhalts einzuwirken. Es drängt sich daher auf, dass die Verteidigerrechte und somit die Rechte des Beschuldigten unter der Reform massiv leiden werden.

Darüber hinaus soll ein Prozess nach einem Befangenheitsantrag über die Dauer von zwei Wochen weitergeführt werden können, ohne dass über den Befangenheitsantrag bereits entschieden wäre. Bisher wird die Hauptverhandlung nach einem Befangenheitsantrag unterbrochen und der abgelehnte Richter darf dann nur noch unaufschiebbare Verfahrenshandlungen vornehmen. Besetzungsrügen vor oder zu Beginn einer Hauptverhandlung sollen durch ein (höheres) Beschwerdegericht endgültig entschieden werden, ohne dass die Entscheidung durch eine Revision angefochten werden kann. Das soll verhindern, dass erst dort die fehlerhafte Besetzung des Gerichts festgestellt wird.

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